Donnerstag, 1. November 2012

Goethe und die Aeropetomanie

Wer die Entdeckung der Luftballone miterlebt hat, wird ein Zeugnis geben, welche Weltbewegung daraus entstand, welcher Anteil die Luftschiffer begleitete, welche Sehnsucht in so viel tausend Gemütern hervordrang, an solchen längst vorausgesetzten, vorausgesagten, immer geglaubten und immer unglaublichen, gefahrvollen Wanderungen teilzunehmen, wie frisch und umständlich jeder einzelne glückliche Versuch die Zeitungen füllte, ..., welchen zarten Anteil man an den unglücklichen Opfern solcher Versuche genommen.

Mittwoch, 31. Oktober 2012

           Errät man wohl, wonach du strebtest?
           Es war gewiß erhaben kühn.
           Der du dem Mond um so viel näher schwebtest,
           Dich zog wohl deine Sucht dahin?

Donnerstag, 25. Oktober 2012

         Wir breiten nur den Mantel aus,
         Der soll uns durch die Lüfte tragen.
         Du nimmst bei diesem kühnen Schritt
         Nur keinen großen Bündel mit.
         Ein bißchen Feuerluft, die ich bereiten werde,

         Hebt uns behend von dieser Erde.
         Und sind wir leicht, so geht es schnell hinauf;
         Ich gratuliere dir zum neuen Lebenslauf!

Freitag, 21. September 2012

Euphorion



           Nun laßt mich hüpfen,
           Nun laßt mich springen!
           Zu allen Lüften
           Hinaufzudringen,
           Ist mir Begierde:
           …
           Sie faßt mich schon.
           Ich will nicht länger
           Am Boden stocken:
           Laßt meine Hände,
           Laßt meine Locken,
           Laßt meine Kleider!
           Sie sind ja mein.

Montag, 10. September 2012

                 Pulcinelle
                 (täppisch, fast läppisch)
                 Ihr seid die Toren,
                 Gebückt geboren.
                 Wir sind die Klugen,
                 Die nie was trugen;
                 Denn unsre Kappen,
                 Jacken und Lappen
                 Sind leicht zu tragen;
                 Und mit Behagen
                 Wir immer müßig,
                 Pantoffelfüßig,
                 Durch Markt und Haufen
                 Einherzulaufen,
                 Gaffend zu stehen,
                 Uns anzukrähen;
                 Auf solche Klänge
                 Durch Drang und Menge
                 Aalgleich zu schlüpfen,
                 Gesamt zu hüpfen,
                 Vereint zu toben.
                 Ihr mögt uns loben,
                 Ihr mögt uns schelten,
                 Wir lassen's gelten.

               
                 Faust II

Samstag, 18. August 2012


Howards Ehrengedächtnis

Wenn von dem stillen Wasserspiegelplan
Ein Nebel hebt den flachen Teppich an,
Der Mond, dem Wallen des Erscheins vereint,
Als ein Gespenst Gespenster bildend scheint,
Dann sind wir alle, das gestehn wir nur,
Erquickt', erfreute Kinder, o Natur!

Dann hebt sich's wohl am Berge, sammelnd breit
An Streife Streifen, so umdüstert's weit
Die Mittelhöhe, beidem gleich geneigt,
Ob's fallend wässert oder luftig steigt.

Cumulus

Und wenn darauf zu höhrer Atmosphäre
Der tüchtige Gehalt berufen wäre,
Steht Wolke hoch, zum herrlichsten geballt,
Verkündet, festgebildet, Machtgewalt
Und, was ihr fürchtet und auch wohl erlebt,
Wie's oben drohet, so es unten bebt.

Cirrus

Doch immer höher steigt der edle Drang!
Erlösung ist ein himmlisch leichter Zwang.
Ein Aufgehäuftes, flockig löst sich's auf,
Wie Schäflein tripplend, leicht gekämmt zu Hauf.
So fließt zuletzt, was unten leicht entstand,
Dem Vater oben still in Schoß und Hand.

 Nimbus

Nun laßt auch niederwärts, durch Erdgewalt
Herabgezogen, was sich hoch geballt,
In Donnerwettern wütend sich ergehn,
Heerscharen gleich entrollen und verwehn! –
Der Erde tätig-leidendes Geschick!
Doch mit dem Bilde hebet euren Blick:
Die Rede geht herab, denn sie beschreibt,
Der Geist will aufwärts, wo er ewig bleibt

Sonntag, 29. Juli 2012

Goethe und die Wolken


 
                       Der Mond stand am Himmel, nur wenige Wolken erschienen am Horizonte und
                       der Nacht blieb kaum übrig das sie aufzulösen hätte. 
                       (Wolkengestalt nach Howard)

Donnerstag, 21. Juni 2012

Goethe und die Witterungslehre


Hier ist nun vor allen Dingen der Hauptpunkt zu beachten: daß alles, was ist oder erscheint, dauert oder vorübergeht, nicht ganz isoliert, nicht ganz nackt gedacht werden dürfe; eines wird immer noch von einem anderen durchdrungen, begleitet, umkleidet, umhüllt; es verursacht und erleidet Einwirkungen, und wenn so viele Wesen durcheinander arbeiten, wo soll am Ende die Einsicht, die Entscheidung herkommen, was das Herrschende, was das Dienende sei, was voranzugehen bestimmt, was zu folgen genötigt werde?

Freitag, 11. Mai 2012

Goethe und die Anatomie

         Justus Loder gab:
         fürtreffliche Krebse, von denen ich Ihnen einen Teller zugewünscht habe,
         köstliche Weine,
         einen zu amputirenden Fuß,
         einen Nasenpolypen,
         einige anatomische und chirurgische Aufsätze,
         verschiedene Anekdoten,
         ein Mikroskop und Zeitungen.

         (Goethe an Schiller)

Donnerstag, 26. April 2012

Goethe und die poetische Wissenschaft

Was in die Erscheinung tritt, muß sich trennen, um nur zu erscheinen. Das Getrennte sucht sich wieder, und es kann sich wieder finden und vereinigen; im niedern Sinne, indem es sich nur mit seinem Entgegengestellten vermischt, mit demselben zusammentritt, wobei die Erscheinung Null oder wenigstens gleichgültig wird. Die Vereinigung kann aber auch im höhern Sinne geschehen, indem das Getrennte sich zuerst steigert und durch die Verbindung der gesteigerten Seiten ein Drittes, Neues, Höheres, Unerwartetes hervorbringt.

Dienstag, 10. April 2012

Goethe und der Traum vom künstlichen Menschen

Es leuchtet! seht! - Nun lässt sich wirklich hoffen, // Daß, wenn wir aus viel hundert Stoffen // Durch Mischung - denn auf Mischung kommt es an - // Den Menschenstoff gemächlich komponieren, // In einen Kolben verlutieren // Und ihn gehörig kohobieren, // So ist das Werk im Stillen abgetan.

Samstag, 31. März 2012

Goethe und der andere Deutsche


          Was hilft dem Menschengeist Verstand,
          Dem Herzen Güte, Willigkeit der Hand,
          Wenn's fieberhaft durchaus im Staate wütet
          Und Übel sich in Übeln überbrütet?
          Wer schaut hinab von diesem hohen Raum
          Ins weite Reich, ihm scheint's ein schwerer Traum,
          Wo Mißgestalt in Mißgestalten schaltet,
          Das Ungesetz gesetzlich überwaltet
          Und eine Welt des Irrtums sich entfaltet.
             (Faust II)

Freitag, 30. März 2012

Goethe und die Farbenlehre

Wenn Taucher sich unter dem Meere befinden und das Sonnenlicht in ihre Glocke scheint, so ist alles Beleuchtete, was sie umgibt, purpurfarbig (wovon künftig die Ursache anzugeben ist); die Schatten dagegen sehen grün aus. Eben dasselbe Phänomen, was ich auf einem hohen Berge gewahr wurde, bemerken sie in der Tiefe des Meers, und so ist die Natur mit sich selbst durchaus übereinstimmend.

Goethe und die Farbenlehre

Der Raum, den wir uns leer denken, hätte durchaus für uns die Eigenschaft der Durchsichtigkeit. Wenn sich nun derselbe dergestalt füllt, dass unser Auge die Ausfüllung nicht gewahr wird, so entsteht ein materielles, mehr oder weniger körperliches, durchsichtiges Mittel, das luft- und gasartig, flüssig oder auch fest sein kann.

Freitag, 16. März 2012

Betrachtungen im Sinne der Wanderer

Grundeigenschaft der lebendigen Eigenschaft: sich zu trennen, sich zu vereinen, im Besonderen verharren, sich zu verwandeln, hervorzutreten und zu verschwinden, zu solidizieren und zu schmelzen, zu erstarren und zu fließen, sich auszudehnen und sich zusammenzuziehen.

Freitag, 9. März 2012

Goethe und die organischen Naturen

Alles was zum Leben hervortreten, alles was lebendig wirken soll, muß eingehüllt sein. Und so gehört auch alles, was nach außen gekehrt ist, nach und nach frühzeitig dem Tode, der Verwesung an. Die Rinden der Bäume, die Häute der Insekten, die Haare und Federn der Tiere, selbst die Oberhaut des Menschen, sind ewig sich absondernde, abgestoßene, dem Unleben hingegebene Hüllen, hinter denen immer neue Hüllen sich bilden, unter welchen sodann, oberflächlicher oder tiefer, das Leben sein schaffendes Gewebe hervorbringt.

Dienstag, 6. März 2012

Goethe und die Farbenlehre

Nannten wir das Schwarze den Repräsentanten der Finsternis, das Weiße den Stellvertreter des Lichts, so können wir sagen, daß das Graue den Halbschatten repräsentiere, welcher mehr oder weniger an Licht und Finsternis teilnimmt und also zwischen beiden inne steht.

Freitag, 17. Februar 2012

Goethe und die Wissenschaft

Es ist ein großer Unterschied, ob ich mich aus dem Hellen ins Dunkle oder aus dem Dunklen ins Helle bestrebe; ob ich, wenn die Klarheit mir nicht mehr zusagt, mich mit einer gewissen Dämmerung zu umhüllen trachte, oder ob ich, in der Überzeugung, dass das Klare auf einem tiefen, schwer erforschten Grund ruhe, auch von diesem immer schwer auszusprechen Grunde das Mögliche mit herauf zu nehmen bedacht bin.

Samstag, 11. Februar 2012

Goethe und der Granit

Diese Klippe, sage ich zu mir selber, stand schroffer, zackiger, höher in die Wolken, da dieser Gipfel noch als eine meerumfloss’ne Insel in den alten Wassern dastand; um sie sauste der Geist, der über den Wogen brütete, und in ihrem weiten Schoß die höheren Berge aus den Trümmern des Urgebirges, und aus ihren Trümmern und den Resten der eigenen Bewohner die späteren und ferneren Berge sich bildeten.

Samstag, 14. Januar 2012

Goethe und das Wesen der Natur

           Licht und Schatten,
           Zwei Seelen,
           Geist und Materie,
           Ideales und Reales,
           Gedanke und Ausdehnung,
           Phantasie und Verstand,
           Sein und Sehnsucht
           Zwei Körperhälften,
           Rechts und Links,
           Atemholen
           Magnet