Samstag, 31. März 2012

Goethe und der andere Deutsche


          Was hilft dem Menschengeist Verstand,
          Dem Herzen Güte, Willigkeit der Hand,
          Wenn's fieberhaft durchaus im Staate wütet
          Und Übel sich in Übeln überbrütet?
          Wer schaut hinab von diesem hohen Raum
          Ins weite Reich, ihm scheint's ein schwerer Traum,
          Wo Mißgestalt in Mißgestalten schaltet,
          Das Ungesetz gesetzlich überwaltet
          Und eine Welt des Irrtums sich entfaltet.
             (Faust II)

Freitag, 30. März 2012

Goethe und die Farbenlehre

Wenn Taucher sich unter dem Meere befinden und das Sonnenlicht in ihre Glocke scheint, so ist alles Beleuchtete, was sie umgibt, purpurfarbig (wovon künftig die Ursache anzugeben ist); die Schatten dagegen sehen grün aus. Eben dasselbe Phänomen, was ich auf einem hohen Berge gewahr wurde, bemerken sie in der Tiefe des Meers, und so ist die Natur mit sich selbst durchaus übereinstimmend.

Goethe und die Farbenlehre

Der Raum, den wir uns leer denken, hätte durchaus für uns die Eigenschaft der Durchsichtigkeit. Wenn sich nun derselbe dergestalt füllt, dass unser Auge die Ausfüllung nicht gewahr wird, so entsteht ein materielles, mehr oder weniger körperliches, durchsichtiges Mittel, das luft- und gasartig, flüssig oder auch fest sein kann.

Freitag, 16. März 2012

Betrachtungen im Sinne der Wanderer

Grundeigenschaft der lebendigen Eigenschaft: sich zu trennen, sich zu vereinen, im Besonderen verharren, sich zu verwandeln, hervorzutreten und zu verschwinden, zu solidizieren und zu schmelzen, zu erstarren und zu fließen, sich auszudehnen und sich zusammenzuziehen.

Freitag, 9. März 2012

Goethe und die organischen Naturen

Alles was zum Leben hervortreten, alles was lebendig wirken soll, muß eingehüllt sein. Und so gehört auch alles, was nach außen gekehrt ist, nach und nach frühzeitig dem Tode, der Verwesung an. Die Rinden der Bäume, die Häute der Insekten, die Haare und Federn der Tiere, selbst die Oberhaut des Menschen, sind ewig sich absondernde, abgestoßene, dem Unleben hingegebene Hüllen, hinter denen immer neue Hüllen sich bilden, unter welchen sodann, oberflächlicher oder tiefer, das Leben sein schaffendes Gewebe hervorbringt.

Dienstag, 6. März 2012

Goethe und die Farbenlehre

Nannten wir das Schwarze den Repräsentanten der Finsternis, das Weiße den Stellvertreter des Lichts, so können wir sagen, daß das Graue den Halbschatten repräsentiere, welcher mehr oder weniger an Licht und Finsternis teilnimmt und also zwischen beiden inne steht.